Armutsmessung unter Einbezug der Vermögen (AssetPov)

| Letzte Aktualisierung: 13.07.2023

Bild – experimental statistics

Zusammenfassung

Monetäre Armut wird gegenwärtig auf Basis der Einkommenssituation der privaten Haushalte ermittelt. Zukünftig soll die Armutsstatistik um einen Indikator ergänzt werden, der auf den gesamten finanziellen Mitteln der Haushalte (Einkommen und Vermögen) basiert. Anhand von provisorischen Vermögensdaten werden in einem Methodenpapier verschiedene Möglichkeiten zur Integration der Vermögen in die Armutsmessung diskutiert.

Beschreibung

Das Bundesamt für Statistik (BFS) publiziert seit 2001 regelmässig Informationen zum Thema Armut in der Schweiz. Gemäss geltender Definition werden dabei alle Personen als arm betrachtet, die nicht über die finanziellen Mittel verfügen, um die für ein gesellschaftlich integriertes Leben notwendigen Güter und Dienstleistungen zu erwerben. Konzeptionell sind im Armutsbegriff des BFS somit seit jeher sowohl Einkommen als auch Vermögen enthalten. Bis anhin konnten in der schweizerischen Armutsstatistik jedoch lediglich die Einkommen aus Vermögen und Vermietung (Zinsen, Dividenden, Mieteinnahmen etc.) berücksichtigt werden, nicht aber die Vermögensbestände selbst (z.B. Kontoguthaben, Wert von Geldanlagen, Wertgegenständen und Immobilien).

Zukünftig soll die Armutsstatistik um einen Indikator ergänzt werden, der auf den gesamten finanziellen Mitteln der Haushalte (Einkommen und Vermögen) basiert. In der Schweiz gibt es bisher keine Vermögensdaten, welche den inhaltlichen und qualitativen Anforderungen für solche Analysen genügen. Das BFS hat deshalb im Rahmen der Erhebung über die Einkommen und Lebensbedingungen (SILC), die auch Datenbasis der offiziellen Armutsstatistik ist, ein Pilot-Modul zum Thema Vermögen integriert. Diese Daten sind provisorisch und nicht für eine Standardpublikation geeignet. Dennoch konnten auf dieser Basis explorative Analysen zur Integration der Vermögen in die Armutsmessung durchgeführt werden.

Vorgehen und Ziele

Während in der Forschung mittlerweile ein breiter Konsens darüber besteht, dass Vermögensangaben in die Armutsmessung einfliessen sollten, stellt die Interpretation und Kommunikation der zusätzlichen Resultate zum Thema Armut eine gewisse Herausforderung dar. Im Juni 2020 wurde deshalb im Rahmen der experimentellen Statistiken des BFS ein erstes Methodenpapier publiziert und die Nutzerinnen und Nutzer der Armutsstatistik um Rückmeldungen dazu gebeten. Ziel der frühzeitigen Publikation der Methoden und ersten Analysen war es, die Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer bei der Entwicklung und Konsolidierung der Methodik einzubeziehen und dadurch eine möglichst breite Abstützung der neuen Standardindikatoren des BFS zur Armut unter Einbezug der Vermögen zu erreichen.

Die Ausführungen und Analysen im Methodenpapier wurden auf Basis der gesammelten Rückmeldungen überarbeitet und ergänzt. Wesentliche Neuerungen im Vergleich zur ersten Version umfassen die ausführlichere Diskussion des eindimensionalen Ansatzes für die Bevölkerung im Rentenalter sowie ein zusätzliches Kapitel zum Thema Schulden. Ausserdem wurden die Auswertungen anhand der Daten aus dem SILC-Vermögensmodul 2020 aktualisiert und um zusätzliche Analysen erweitert.

Wichtigste Erkenntnisse und Ausblick

Der Einbezug des Vermögens in die Armutsmessung ermöglicht eine bessere Beurteilung des ökonomischen Potentials der Haushalte und ergänzt die Armutsstatistik um wichtige zusätzliche Informationen. Die Resultate werden dabei massgeblich durch konzeptionelle und operationelle Entscheidungen wie der Wahl des Ansatzes (ein- oder zweidimensional), des Zeithorizontes und der berücksichtigten Vermögensaggregate beeinflusst. Die Risikogruppen sind jedoch in allen Varianten ähnlich und decken sich weitgehend mit jenen der Einkommensarmut. Eine wichtige Ausnahme sind die Personen ab 65 Jahren, die oft ein geringes Einkommen durch den Verzehr von finanziellen Reserven ergänzen können. Die künftigen Standardtabellen des BFS werden mit dem zweidimensionalen Ansatz und Referenzzeiträumen von drei bis zwölf Monaten erstellt. Wenn nur die Bevölkerung im Rentenalter betrachtet wird, sollte ein längerer Zeitraum oder der eindimensionale Ansatz gewählt werden.
 

Einschränkungen

Die dargestellten Resultate dienen vor allem dazu, das gewählte Vorgehen zu erproben. Sie genügen in dieser Form nicht den hohen Qualitätsstandards, die das BFS normalerweise anwendet und sind keine Grundlage für die Planung und Steuerung.

 

Dokumentation