Mobilitäts-Sonderauswertung Covid-19

| Letzte Aktualisierung: 26.10.2021

Bild – experimental statistics

Ausgangslage

Alle fünf Jahre führt das BFS in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Raumentwicklung (ARE) den sogenannten Mikrozensus Mobilität und Verkehr (MZMV) durch: die schweizweit wichtigste Erhebung zum Mobilitätsverhalten der Bevölkerung. Die telefonischen Personen-Interviews für den MZMV werden jeweils über ein ganzes Jahr verteilt durchgeführt.

Die jüngste Erhebung war eigentlich für 2020 vorgesehen gewesen, musste aufgrund der Covid-19-Pandemie jedoch vorzeitig beendet und als ganze um ein Jahr verschoben werden. Aufgrund des Abbruchs im März 2020 und des erneuten Beginns der Erhebung im Januar 2021 stehen für einen Zeitraum von mehreren Wochen ausnahmsweise MZMV-Daten aus zwei direkt aufeinanderfolgenden Jahren zur Verfügung: Daten aus der Zeit sowohl unmittelbar vor als auch nach Pandemiebeginn. Das BFS und das ARE haben entschieden, die beiden Datensätze im Rahmen einer Sonderauswertung miteinander zu vergleichen.
 

Ziele

Ziel der MZMV-Sonderauswertung ist es, mehr über den Einfluss der Pandemie auf das Mobilitätsverhalten der Menschen zu erfahren. Die Auswertung ergänzt somit das vom BFS mitfinanzierte Mobilitäts-Monitoring Covid-19, das über ein Jahr lang die wichtigsten Tendenzen beim Mobilitätsverhalten hochaktuell nachzeichnete. Verglichen mit dem Mobilitäts-Monitoring werden die Resultate der MZMV-Sonderauswertung zwar weniger zeitnah publiziert, dafür sind sie präziser und detaillierter – dies dank der Grösse und Qualität der Zufallsstichprobe und dank dem sehr umfangreichen Fragenkatalog der Erhebung.
 

Methodik und Qualität der Ergebnisse

Basis der Sonderauswertung bilden die MZMV-Personeninterviews, die vom 12. Januar bis zum 7. März 2020 sowie vom 10. Januar bis zum 6. März 2021 durchgeführt wurden. Die Stichprobe umfasst rund 6900 gültige Interviews für das Jahr 2020 und 6800 Interviews für 2021.

Der verkürzte Erhebungszeitraum von lediglich einigen Wochen begrenzte die Möglichkeit, die Befragungspersonen nach einem gescheiterten telefonischen Erstkontakt zu einem späteren Zeitpunkt erneut anzurufen. Infolgedessen war die Teilnahmequote mit 37% Anfang 2020 und 40% Anfang 2021 tiefer als beim MZMV sonst üblich (2015: 53%). Des Weiteren verunmöglichten es die fehlenden «Nachfassungen» (zusammen mit anderen Gründen), die Qualität der Resultate durch Gewichtungen zu optimieren. Die Ergebnisse der Sonderauswertung, einschliesslich der Vertrauensintervalle, sind daher für die gesamte Schweizer Wohnbevölkerung nicht vollumfänglich aussagekräftig und sollten auch nicht mit den Daten regulärer MZMV-Auswertungen verglichen werden. Es besteht das Risiko verzerrter Schlussfolgerungen.
 

Epidemiologischer Kontext

Die untersuchten Pandemiewochen zwischen dem 10. Januar und dem 6. März 2021 weisen bezüglich epidemiologischer Lage und Einschränkungen des öffentlichen Lebens ganz bestimmte Eigenheiten auf. Unter anderem deshalb dürfen die Ergebnisse der Auswertung nicht stellvertretend für die gesamte Zeit seit Ausbruch der Pandemie gelesen werden.

Der Untersuchungszeitraum fiel grösstenteils in die letzte Phase der zweiten landesweiten Pandemiewelle, wobei das öffentliche Leben zahlreichen Einschränkungen unterlag («zweiter Lockdown»). Von besonderer Bedeutung in Bezug auf die Mobilität war die Schliessung der Restaurants, der Läden des nicht-täglichen Bedarfs (18. Januar bis 28. Februar 2021) sowie der Freizeit-, Sport- und Kultureinrichtungen. Weiter zu nennen sind die Fernunterrichts-Pflicht an den Hochschulen sowie eine partielle Home-Office-Pflicht (ab 18. Januar 2021). Ausserdem hatte der Bundesrat die Bevölkerung bereits im Dezember 2020 dazu aufgefordert, zu Hause zu bleiben und die sozialen Kontakte auf ein Minimum zu beschränken.
 

Resultate

Im untersuchten Zeitraum Anfang 2021 waren an einem durchschnittlichen Tag 82% der Befragten ab 6 Jahren mindestens einmal ausser Haus unterwegs. Damit lag der Anteil der in diesem Sinne mobilen Personen 6 Prozentpunkte tiefer als in der entsprechenden Vorjahresperiode (88%), in der sich die Covid-19-Pandemie noch kaum auf die Mobilität ausgewirkt hatte.

Von den Personen, die am Stichtag der Befragung ihr Wohngebäude nicht verliessen, gaben 10% die Covid-19-Pandemie als Grund für ihre Nichtmobilität an. Weitere 8% nannten eine Kombination aus Pandemie und anderen Gründen.

Durchschnittlich legten die Anfang 2021 befragten Personen täglich 21,8 km zurück, wobei nur die Strecken im Inland berücksichtigt sind. Die mittlere Tagesdistanz war damit 9,8 km oder 31% kürzer als in der gleichen Periode des Vorjahres (31,6 km).


Auffallend stark zurückgegangen sind die mit dem öffentlichen Schienen- und Strassenverkehr zurückgelegten Strecken: Mit durchschnittlich 3,6 km pro Person und Tag waren die ÖV-Distanzen Anfang 2021 nur noch knapp halb so lang (-52%) wie Anfang 2020 (7,5 km). Verglichen damit war der Rückgang beim motorisierten Individualverkehr (Personenwagen und Motorräder) mit minus 27% deutlich kleiner. Pro Personenwagen waren in den untersuchten Pandemiewochen durchschnittlich 1,46 Personen unterwegs, gegenüber 1,52 ein Jahr zuvor.
 


Die Freizeit blieb in den untersuchten Pandemiewochen mit einem Distanzanteil von 38% der mit Abstand wichtigste Verkehrszweck. Dies, obschon die zu Freizeitzwecken zurückgelegte Distanz mit minus 34% tendenziell stärker schrumpfte als die Distanz des zweitwichtigsten Verkehrszwecks, der Arbeit (-29%).
 


Ab Mitte Januar 2021 galt in der Schweiz eine partielle Home-Office-Pflicht. Der Anteil der befragten Erwerbstätigen, die zumindest einen Teil ihrer Arbeit zu Hause erledigen können, war Anfang 2021 mit 50% denn auch wesentlich höher als noch ein Jahr zuvor (38%). Zudem halbierten sich die täglichen Arbeitswege der Personen mit der Möglichkeit der «Heimarbeit», und zwar von 18,3 km Anfang 2020 auf 9,5 km Anfang 2021. Bei den übrigen Erwerbstätigen verkürzten sich die Arbeitswege nicht nachweislich signifikant.
 


Dokumentation