Modellgestützte Schätzung der Bruttowertschöpfung in der Statistik der Unternehmensgruppen (VAB-STAGRE)

| Letzte Aktualisierung: 23.05.2024

Bild – experimental statistics

Ausgangslage und Ziele

Die Statistik der Unternehmensgruppen (STAGRE) liefert Informationen zu den Tätigkeiten und zum Gewicht von Unternehmen in der Schweiz, die Teil einer Gruppe sind. So lässt sich der Einfluss von Unternehmensgruppen, insbesondere solcher mit Sitz im Ausland, auf den Schweizer Produktionsapparat einschätzen.

Das BFS will die STAGRE weiterentwickeln, indem es die bereits vorhandenen Informationen nutzt und damit auf neue Erhebungen verzichten kann. In diesem Zusammenhang ist eine Modellierung die bevorzugte Methode, um die verfügbare Informationspalette schrittweise zu erweitern. Diese muss letztendlich neue Analysedimensionen umfassen, insbesondere im Bereich der Globalisierung. Hinsichtlich der innerhalb der STAGRE ermittelten Population der Unternehmen, die Teil einer Unternehmensgruppe sind, konzentriert sich das Projekt aktuell auf die Variablen Bruttoproduktionswert (BPW), Vorleistungen (VL) und Bruttowertschöpfung (BWS). Diese drei Variablen sind grundlegend für die Berechnung des wirtschaftlichen Gewichts von Unternehmensgruppen im Bruttoinlandprodukt (BIP) der Schweiz.

Die im Rahmen dieses Projekts gewonnenen Ergebnisse müssen im Einklang mit internationalen Standards stehen. Ausserdem sollen sie Analysen nach verschiedenen Dimensionen ermöglichen, etwa nach Art der Unternehmensgruppe, Grösse, Sitzland oder Wirtschaftszweig.

Vorgehen

Die Zielvariablen (BPW, VL, BWS) werden im Rahmen der Wertschöpfungsstatistik (WS) erhoben. Da es sich dabei um eine Stichprobenerhebung handelt und somit die Angaben nicht für alle Einheiten der STAGRE umfassend vorliegen, müssen Schätzmethoden – im vorliegenden Fall des Typs SAE – herangezogen werden.

Auf dieser Grundlage werden Modelle entwickelt, die sich den Zusammenhang zwischen den in der WS erhobenen Informationen und den Daten aus den MWST-Registern sowie AHV-Ausgleichskassen zunutze machen. Diese beiden Quellen sind umfassend und bieten zudem den Vorteil, dass sie relevante Hilfsvariablen liefern (Umsatz bzw. Arbeitseinkommen), die für die Anwendung von SAE-Methoden nützlich sind.

Die von der STAGRE abgedeckte Population umfasst rund 50 000 rechtliche Einheiten. Da sich die Modellierung auf die WS abstützt, beziehen sich die im Rahmen des Projekts VAB-STAGRE ermittelten Schätzungen auf die Schnittmenge der STAGRE-Population und der vom Stichprobenplan der WS abgedeckten Unternehmen (d. h. Unternehmen mit weniger als drei Beschäftigten sowie bestimmte Kombinationen aus NOGA und Rechtsform werden nicht berücksichtigt). Ein Teil dieser Einheiten, die in der Stichprobe der WS-Erhebung enthalten sind, erhalten direkt erhobene Werte. Mit den SAE_WS-Methoden können die WS-Werte vorhergesagt und anschliessend für die nicht befragten Einheiten der STAGRE-Population eingesetzt werden. Die erhaltenen Einzelwerte werden aggregiert, damit die Gesamtwerte für verschiedene Untersuchungsbereiche der STAGRE geschätzt werden können. Dabei wird eine hohe Vergleichbarkeit mit den im Rahmen der WS produzierten Ergebnisse angestrebt.

Dieser Ansatz birgt jedoch auch Herausforderungen, insbesondere hinsichtlich der Aussagekraft der Hilfsvariablen. Die Korrelation zwischen der Hilfsvariablen «Umsatz MWST» und dem «Umsatz WS» kann sehr hoch sein, während jene zwischen «Umsatz MWST» und beispielsweise «BWS WS» geringer ausfällt. Daher werden Lösungen in diesem Sinne vorgeschlagen und überprüft, indem insbesondere verschiedene Varianten der Modelle berechnet werden und die Genauigkeit von deren Vorhersagen verglichen wird (z. B. anhand der Bestimmtheitsmasse R2 oder des «Root Mean Squared Error» RMSE).

Ergebnisse

Die Schätzungen wurden für die Jahre 2014 bis 2021 erstellt. Zwischen diesen beiden Zeitpunkten wuchs die Bruttowertschöpfung (BWS) der in der STAGRE erfassten Unternehmensgruppen mit einer relativ hohen Rate von 4,4% im Jahresdurchschnitt. Für das letzte verfügbare Referenzjahr (2021) zeigen die Ergebnisse, dass die ausländischen multinationalen Unternehmen die höchste Wertschöpfung erzielten. Sie erwirtschafteten fast die Hälfte (48,7%) der Wertschöpfung aller Unternehmensgruppen. Schweizer Multis und rein inländische Gruppen folgen mit einem Anteil von 41,7% bzw. 9,5%. Diese Verteilung der BWS innerhalb der Unternehmensgruppen war jedoch nicht immer so. Tatsächlich haben seit 2014 die ausländisch kontrollierten Multinationalen schrittweise an Bedeutung gewonnen (mit 6,8% im Jahresdurchschnitt), während die inländisch kontrollierten Konzerne moderater gewachsen sind (3,3%% im Jahresdurchschnitt).


Die Aufschlüsselung der BWS der Unternehmensgruppen nach ihrem Sitzland zeigt, dass vor allem aussereuropäische Gruppen am stärksten zu dieser Dynamik beigetragen haben. So betrug im Zeitraum von 2014 bis 2021 die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate in den europäischen Ländern 2,8%, während sie in den aussereuropäischen Ländern 10,5% erreichte. Besonders häufig haben die Unternehmen, deren BWS am stärksten gewachsen ist, ihren Sitz in den USA oder China. In Bezug auf die Anteile steigerten sich die ausländischen Multinationalen aus diesen beiden Ländern von 40,5% im Jahr 2014 auf mehr als die Hälfte (51,1%) der BWS aller Unternehmensgruppen im Jahr 2021.

Anzahl Beschäftigte und Bruttowertschöpfung von Unternehmensgruppen nach Sitzland
  2014 2021 Mittlere jährliche Wachstumsrate 2014–2021, in %
Anzahl
Beschäftigte
BWS,
in Mio. Fr.
Anzahl
Beschäftigte
BWS,
in Mio. Fr.
Anzahl
Beschäftigte
BWS,
in Mio. Fr.
Total 471 166 110 598 539 656 175 666 2,0 6,8
Europa
Total 332 048 58 908 366 418 71 570 1,4 2,8
Europa: diverse 18 671 7 061 18 315 8 769 -0,3 3,1
Österreich 11 202 1 648 14 441 1 943 3,7 2,4
Deutschland 117 348 18 475 123 323 19 695 0,7 0,9
Dänemark 15 818 3 120 17 763 3 447 1,7 1,4
Frankreich 72 966 10 693 80 469 12 188 1,4 1,9
Vereinigtes Königreich 28 727 5 492 34 220 9 326 2,5 7,9
Italien 15 519 1 763 14 420 1 492 -1,0 -2,4
Liechtenstein 4 980  377 6 056 1 404 2,8 20,7
Luxemburg 4 990  791 12 491 1 922 14,0 13,5
Niederlande 29 081 7 645 28 303 7 986 -0,4 0,6
Schweden 12 746 1 841 16 617 3 397 3,9 9,1
Rest der Welt
Total 139 118 51 690 173 238 104 096 3,2 10,5
Rest der Welt: diverse 25 300 4 023 24 449 7 468 -0,5 9,2
China 1 848  359 9 448 2 573 26,3 32,5
Japan 9 499 2 707 17 147 6 719 8,8 13,9
Vereinigte Staaten 92 306 44 436 109 445 87 138 2,5 10,1
Südafrika 10 165  166 12 749  198 3,3 2,6
Bemerkungen:
– Die vorliegenden Ergebnisse können mit jenen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) nicht ohne weiteres verglichen werden. Als Synthesestatistik wird die VGR nicht auf der Basis einer einzelnen Quelle wie der Wertschöpfungsstatistik (WS), der die hier präsentierten Ergebnisse zugrunde liegen, erstellt, sondern unter Berücksichtigung weiterer Quellen ergänzt und plausibilisiert. Somit erfahren die hochgerechneten Resultate der WS bei Bedarf Korrekturen, bevor sie Eingang in das Produktionskonto der VGR finden.
– Die obigen Resultate der Bruttowertschöpfung (BWS) erfassen, im Gegensatz zu jenen der Beschäftigten, nicht alle Einheiten. Für die BWS nicht berücksichtigt werden: Unternehmen mit weniger als 3 Beschäftigten sowie gewisse Rechtsformen und Branchen (z.B. Primärsektor, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen, Gesundheitswesen).
Stand der Daten: 23.05.2024
Quelle: Bundesamt für Statistik - Statistik der Unternehmensgruppen (STAGRE)
© BFS – 2024


Die Analyse auf Branchenebene zeigt, dass die Unternehmensgruppen ihre Wertschöpfung hauptsächlich im Grosshandel (22,8%) und im «Rest des verarbeitenden Gewerbes» (21,4%) erzielen. In beiden Branchengruppen entfällt der Löwenanteil auf ausländisch kontrollierte Multinationale, die fast drei Viertel der BWS im Grosshandel und mehr als die Hälfte der BWS im «Rest des verarbeitenden Gewerbes» erwirtschaften. Schweizer Multis dominieren dagegen eher in den Branchengruppen «Metalle, Instrumente, Elektronik, Maschinen» (58,4%) und «Verkehr, Beherbergung und Gastronomie, Information und Kommunikation» (46,5%).

Grenzen der Methode

Die Werte auf Ebene der Unternehmen basieren teilweise auf modellierten Beziehungen zwischen administrativen Quellen und Erhebungsdaten. In Publikationen, die sich auf die BWS der STAGRE beziehen, muss darauf hingewiesen werden, dass die entsprechenden Ergebnisse noch experimentell sind. Das BFS verfolgt weiterführende Analysen, um die Qualität der Vorhersagen und Schätzungen zu überprüfen und zu verbessern (z. B. Berücksichtigung der Hochrechnungsgewichte bei der Schätzung von Modellen, Einschätzung der Verzerrung und Varianz, z. B. mittels Bootstrap, usw.).
 

Ausblick

Indem die drei oben erläuterten Variablen der STAGRE in einem ersten Schritt auf der Microsite «Experimentelle Statistiken» veröffentlicht werden, kann das Potenzial der SAE-Methoden erkundet werden. Sobald die Ergebnisse dieser Modellierung den nötigen Reifegrad erreichen und den Qualitätskriterien des BFS entsprechen, besteht das mittelfristige Ziel in der Standardisierung der Ergebnisse in der laufenden Produktion der STAGRE. Eine Ausweitung auf weitere Variablen (z. B. Kapitaleinkünfte) könnte in Betracht gezogen werden.


Dokumentation



 

Auskunft

Kontakt: stagre@bfs.admin.ch
Telefon: +41 58 463 62 66

Mit der Bereitstellung der experimentellen Statistiken informiert das BFS über den Stand der Überlegungen und Entwicklungen. Darüber hinaus lässt sich damit die Qualität der Ergebnisse überprüfen und es können allfällige Probleme ermittelt werden. In diesem Sinne sind Fragen und Rückmeldungen zur VAB-STAGRE willkommen.